Das Coronavirus und die Kündigung von Verträgen. Höhere Gewalt?

Das Coronavirus und die Kündigung von Verträgen. Höhere Gewalt?

Obwohl sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf der Grundlage der bisher verfügbaren Informationen über das Coronavirus gegen die Anwendung von Reise- oder internationalen Handelsbeschränkungen ausgesprochen hat, so haben die spanischen Gesundheitsbehörden dennoch aufgrund des Vorsorgeprinzips und zur Vermeidung einer raschen Ausbreitung des Virus empfohlen, Reisen in die betroffenen Gebiete zu vermeiden, sofern dies nicht unbedingt notwendig ist.

Es stellen sich nun viele Fragen: Können Unternehmen aufgrund dieser Situation nun bereits geplante Veranstaltungen absagen? Sind die Passagiere berechtigt, eine Rückerstattung der bereits gezahlten Beträge zu verlangen? Sind Reisebüros, Hotels, usw., zur Rückerstattung des gezahlten Preises verpflichtet oder können sie vielmehr Vertragsstrafen verlangen?

Die Antwort auf diese Fragen ist bis heute weder eindeutig noch in irgendeiner Form endgültig, weil sich alles noch im Fluss befindet. Die wahrscheinlich beste Antwort, die man hierauf geben kann, lautet: Es kommt darauf an. Aber wovon hängt es denn ab? Im Gegensatz zum einem spanischen, gleichlautendem Song, hängt es nicht von der Betrachtungsweise ab, sondern von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls:

Wenn einer der Parteien beabsichtigt, einen Vertrag aus einem unvorhergesehenen Grund zu kündigen, wird in der Regel auf den Begriff der „höheren Gewalt“ verwiesen. Sofern dessen Existenz tatsächlich bejaht wird, können sich die Vertragsparteien von ihrer Verantwortung ausnahmsweise befreien

Bei „Höherer Gewalt“ handelt es sich jedoch um einen allgemeinen Begriff, der sich auf ein Ereignis oder eine Situation bezieht, die von keiner der Vertragsparteien gewünscht wird – sowie zudem unvorhersehbar oder unvermeidbar ist -, und die Erfüllung der übernommenen vertraglichen Verpflichtung verhindert.

Wir müssen und also bspw. folgende Fragen stellen: Hindert das Coronavirus den Reisenden daran, seinen Flug zu nehmen, seinen Aufenthalt zu genießen oder einen bestimmten Ort zu betreten? Können die Unternehmen den zugesagten Service anbieten?

Im Falle von Krankenhauspatienten ist es klar, dass das Coronavirus die Ausführung des Auftrags verhindert. Und dasselbe gilt bspw. auch für das Gesundheitspersonal, das unter Quarantäne gestellt wird, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, oder für diejenigen, die außerordentlich mobilisiert sind, um die Kranken zu versorgen.

Im Gegensatz dazu, und nur soweit es noch keine behördlichen Reisebeschränkungen gibt, die Reisen nach oder aus Spanien verhindern – wie aktuell bei Flügen von Italien nach Spanien -, haben Reisende im Allgemeinen kein wirkliches Reisehindernis, sondern treffen die Entscheidung freiwillig, ein Argument, das auch seitens der Versicherungsgesellschaften, Vermittler, usw. benutzt wird, um die Rückerstattung bereits gezahlter Beträge zu verweigern.

Diese Situation und die hier dargestellten Schlussfolgerungen können sich jedoch schnell ändern, je nachdem, wie sich die Krankheit entwickelt und insbesondere auch dann, sofern die Regierung weitere Reisebeschränkungen aussprechen sollte.

Ebenso ist es wichtig, die allgemeinen Geschäftsbedingungen des betreffenden Vertrags genau zu analysieren, um die spezifischen Bedingungen zu eruieren, welche eine Möglichkeit zur Kündigung vorsehen – sowie deren Fristen, ggf. Vertragsstrafen, usw.

Zuletzt ist es auch wichtig darauf hinzuweisen, dass die Schlussfolgerungen in der vorliegenden Darstellung auf der Grundlage des spanischen Rechts formuliert wurden, sodass es möglich ist – je nach dem Ort, an dem der Vertrag geschlossen wurde -, dass das Recht eines anderen Staates anzuwenden ist und daher auch die Antwort auf die eingangs gestellten Fragestellungen unterschiedlich ausfallen kann.

Marinel-lo @ Partners
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